Predigttext zum Sonntag Lätare, den 14. März

Liebe Schwestern und Brüder!

„Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und stirbt, bleibt es allein; wenn es aber stirbt, bringt es viel Frucht“- das ist der Wochenspruch für die neue Woche, die mit dem heutigen Sonntag beginnt.

Sterben, um Frucht zu bringen- Sterben also, um Leben fortzusetzen, Leben zu ermöglichen, Leben weiterzuführen. Sterben, um viel Frucht zu bringen. In diesem einen Satz lässt sich das Geschehen von Ostern- Tod und Auferstehung- zusammenfassen: Jesus ist gestorben, um viel Frucht zu bringen, damit aus diesem Tod etwas wächst.

Das Bild vom Weizenkorn ist uns vertraut, hier auf dem Land und jetzt zu dieser Jahreszeit. Körner und Samen wurden im Herbst in die Erde gepflanzt, um im Frühling hervorzubrechen und aus der Erde zu sprießen. Sie wurden eingegraben, damit neues Leben entstehen kann. Ihr Sterben bedeutet das Weiterleben der neuen Pflanze im nächsten Frühling.

Sterben in diesem Sinn heißt Teilnahme am Kreislauf vom Werden und Vergehen, heißt letzten Endes- Leben.

Diese Sätze Jesu klingen ungewöhnlich in unseren Ohren. Wir sind es gewohnt, Tod und Leben als unversöhnliche Gegensätze zu fassen, die einander ausschließen. Wir haben Angst vor dem Tod, lehnen ihn ab und verdrängen ihn. Er erschrickt uns in seiner Endgültigkeit. Und er hat eine Macht, der wir nichts entgegensetzen können. Auch unsere moderne Medizin muss den Tod als Grenze akzeptieren und manch ein Arzt oder eine Ärztin oder eine Krankenschwester steht verzweifelt und mit dem Gefühl der Ohnmacht an dieser Grenze.

Wir können das Bild des Todes auch auf andere Dinge als den Tod unseres Körpers übertragen. Es fällt uns Menschen schwer, Tod und Sterben zu ertragen. Auch in anderen Situationen unseres Lebens.

Jeder Abschied ist ein kleiner Tod, sagt ein Sprichwort. Es sind die vielfältigen Abschiede in unserem Leben gemeint.

Wer dem Umzugswagen seiner Kinder hinterher gewunken hat, wer am Flughafen stand und dort einen lieben Menschen gedrückt hat, der kennt das tieftraurige Gefühl des Abschieds.

Welche Abschiede gibt es noch? Abschied von der Jugend.

Abschied von beruflichen Erfolgen. Abschied von der Schule. Nichts bleibt immer gleich.

Aber halten wir an zu vielem fest, dann lassen wir uns auch eine Menge nehmen. Jeder Abschied bedeutet auch einen Aufbruch in eine neue Lebensphase mit ihren besonderen Eigenheiten und Bereicherungen.

Abschied von Hoffnungen, Plänen, Illusionen und Träumen.

Können wir sterben lassen, was schon tot ist? Können wir begraben, was längst nicht mehr lebt?

Können wir überholte Meinungen aufgeben? Pläne, die sich doch nicht verwirklichen lassen? Erwartungen, die wir nicht erfüllen können, von uns weisen?

Sterben können- es steht unter der Verheißung Jesu: Wenn das Weizenkorn stirbt, bringt es viel Frucht. Und weiter: Wer sein Leben lieb hat, der wird es verlieren. Und wer sein Leben loslässt, der wird es erhalten zu einem erfüllten Leben.

Was stirbt, bringt viel Frucht. Dieser Satz macht uns Angst. Oder er fordert zum Widerspruch heraus. Warum soll es Frucht bringen, wenn ich endgültig Abschied nehme?

Die Antwort ist verblüffend: Weil jenseits des Todes neues Leben wartet. Die Antwort ist ärgerlich: Weil nur jenseits des Todes das Leben wartet.

Das ist der Stachel dieses Textes: Das Leben wartet jenseits des Todes. Es wartet jenseits von Veränderung und Abschied.

Wer sein Leben festhält, der wird es verlieren. Wer es aber loslassen kann, der wird zu neuem Leben finden.

Unser Predigttext aus dem Johannes Evangelium möchte Mut machen zu Veränderung. Zu einer Veränderung, die durch den Schmerz des Abschieds hindurchführt. Er möchte zum Blick nach vorne ermutigen.

Wir können das Leben gewinnen durch Tod und Auferstehung hindurch. Denn auch Ostern ist nicht denkbar ohne Karfreitag. Das leere Grab und die Auferstehung Jesu gibt es nicht ohne Golgatha und Jesu tiefe Verlassenheit.

Aber hinter dem Tod, da scheint ein helles Licht auf: Denn seit Ostern stehen die vielen Tode des Abschieds in unserem Leben unter dieser Verheißung: Wenn das Weizenkorn in die Erde fällt und stirbt, bringt es viel Frucht. Es bricht aus der Erde, wächst als Halm hoch empor und entwickelt sich zu einem wogenden Feld mit vollen fruchtbaren Ähren.

Lasst uns dieses Bild vor unsere Augen holen, gerade in der jetzigen dürren Zeit: Ein Feld mit wogenden Ähren. Der Wind streicht darüber und setzt die Halme in Bewegung. Es wirkt wie ein Meer, das sich sanft bewegt. Die Sonne scheint, es ist warm. Und durch die Luft zieht der Geruch nach reifem Getreide, süß und fruchtbar.

Erfülltes Leben , mit vielem gefülltes Leben erwartet uns.

Amen

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