Predigt zum Palmsonntag, 28.03.2021

Erstellt am Samstag, 27. März 2021 21:18

Liebe Schwestern und Brüder!

Eine Frau betritt eine Runde von Männern. Oder saßen auch Jüngerinnen mit Jesus beim Essen im Haus Simons des Aussätzigen? Wahrscheinlich war das so, aber sie finden keine Erwähnung.

Eine Frau betritt eine geschlossene Gesellschaft, ihr Name wird nicht genannt. Aber sie tut etwas, was unvergessen bleibt und sogar Aufnahme in die biblischen Schriften gefunden hat.

Es war ein langer Tag. Wie jeden Tag ist Jesus mit seiner mutmachenden Botschaft unter die Menschen gegangen. Er hat zu ihnen gesprochen, hat ihre Fragen beantwortet. Er hat die Menschen wahrgenommen mit ihren Ängsten und Nöten. Er hat ihnen zugehört, sie getröstet. Er hat sie berührt, ihnen den Rücken gestärkt. Er hat sie ermahnt, ihnen die Richtung gewiesen, die für sie gut ist.

Wer den ganzen Tag für andere da ist, der ist am Abend erschöpft. Der oder die hat seine/ihre ganze Kraft seinem/ihrem Mitmenschen gewidmet.

Pflegekräfte, Krankenschwestern, alleinerziehende Mütter. Menschen, es sind ja meist Frauen, die zuhause ihre Angehörigen pflegen.

Engagierte in der Telephonseelsorge oder in Beratungsstellen. Ärzt*innen, Pastor*innen. Menschen, die für Leib und Seele da sind.

Wer erschöpft ist, fühlt sich leer, hat keine Kraft mehr. Ausgebrannt- ein großer Hohlraum entsteht, wie ein schwarzes Loch.

Kehren wir zurück zu Jesus, der mit seinen Freund*innen beim Essen zusammensitzt. Lachen und Gespräche, Entspannung. Sie erzählen sich etwas vom Tag, genießen das Essen und den Wein. Sie lehnen sich zurück, ziehen die staubigen Sandalen aus und erfrischen sich die müden Füße mit kühlem Wasser. Der Tag geht zu Ende, die Hitze lässt nach, Müdigkeit breitet sich aus. Manch einer gähnt verstohlen. Die Augen fallen zu. Der Körper ruht sich aus.

Da betritt eine unbekannte Frau den Raum. Oder ist sie gar nicht so unbekannt? Ist es Maria, die Schwester der umtriebigen Martha? Oder gar jemand mit einer anrüchigen Vergangenheit, dazu wurde sie später gemacht? Die Phantasien blühen, denn sie macht etwas außerordentlich Ungewöhnliches. Sie hat etwas Besonders bei sich, ein Gefäß aus Alabaster mit Nardenöl. Nardenöl- das Öl, das nur für Könige bestimmt war. Es ist teuer, sehr viel wert. Sie zerbricht das Gefäß und ein intensiver Duft erfüllt den Raum. Die Gespräche verstummen. Alle sehen sie an.

Sie gießt das kostbare Öl auf Jesu Kopf. Es tut gut. Es ist kühl und es erfrischt ihn.

Nach einer tiefen Stille regt sich Empörung. Was für eine Verschwendung! Jesus nimmt sie in Schutz. Sie hat das Richtige zur richtigen Zeit getan.

Hingabe, Überfluss und Liebe. Die Frau nimmt vorweg, was Jesu Weg für uns Menschen ist.

Sie hat ihn zum König gesalbt. Ja, er ist ein König in seiner ganzen Schwäche. Und wenn er später am Kreuz hängt, dann hat er sein Leben hingegeben für uns Menschen.

Hingabe, die geschieht nur aus tiefer Liebe, die ganz und gar uneigennützig ist. Sie fließt über, sie breitet sich aus. Erfüllt Leere vollständig. Da wo große seelische Not ist und tiefe Verzweiflung, da wirkt sie.

Hingabe tut nichts um der Wirkung willen, sie tut, was ihre Aufgabe ist. Geben ohne etwas zu erwarten- das ist Hingabe.

So geht Jesus ans Kreuz, es ist sein Weg. Er tut es für uns, damit wir das Leben haben. Erfülltes Leben ohne Erschöpfung und Leere, ohne Sinnlosigkeit.

Jesus gibt sein Leben für uns Menschen hin. Und wenn wir in sein Gesicht schauen, in sein Gesicht voller Liebe und Barmherzigkeit, dann spüren wir etwas davon.

Unsere ängstlichen Seelen ruhen sich aus und wir schöpfen neue Kraft- Seine Liebe erfüllt uns.

 

Amen