Predigttext für Sonntag, den 07. Februar

Liebe Schwestern und Brüder!

„ John Franklin war schon zehn Jahre alt und noch immer so langsam, daß er
keinen Ball fangen konnte,“ so beginnt das wunderbare Buch „ Die Entdeckung
der Langsamkeit“ von Sten Nadolny. Es erzählt von einem Jungen, den seine
Langsamkeit zu etwas Besonderem macht.

Beim Ballspielen hält er für die anderen Kinder die Schnur. „ Vielleicht war in
England keiner, der eine Stunde und länger nur stehen und eine Schnur halten
konnte.“

Sein Freund Matthew, der Seemann, verspricht ihm, ihn mit auf sein Schiff zu
nehmen. Zwei Jahre wartet er darauf. Und findet dort mit seiner Eigenart
seinen Platz in der Welt.

Der Predigttext für den heutigen Sonntag ist eine langsame Geschichte und
eine bekannte.

Ein Sämann ging aus um seinen Samen zu säen.

Mit langen ausholenden Bewegungen tut er das. Er wirft die Körner großzügig,
geradezu verschwenderisch. Er wirft sie in hohem Bogen, ohne darüber
nachzudenken, ob das Säen Erfolg haben wird. Mit großen Schritten geht der
Bauer über das Feld. In uraltem Handeln führt er lang vertraute Bewegungen
aus. Nur so kommt der Samen überall an.

Der Sämann wirft so auch : auf den Weg, auf Felsen, zwischen Dornen und auf
gutes Land.

Wege, Felsen, Dornen, gutes Land- vier Bilder malt uns Jesus vor Augen.
Auf Wegen wird manches zertreten und niedergetrampelt:

Festgelegte und eingelaufene Pfade. Meinungen, die immer die gleichen sind.

Alltagstrott. Jeden Tag der gleiche Ablauf: Aufstehen, zur Arbeit fahren, Essen,
Fernsehen, Schlafen. Die Augen sind niedergehalten, auf das immer Gleiche.

Kein Blick für Schönes.

Kann hier etwas wachsen?

Harte Felsen. Harte Herzen. Mir hat auch keiner was geschenkt. Ich muss für
mich selber sorgen. Jeder ist sich selbst der Nächste. Warum haben andere
mehr als ich? Die Gedanken drehen sich im Kreis und nur um sich selbst.
Kann hier etwas wachsen?

Spitze Dornen. Ein abweisendes Äußeres, das sich gegen alles kehrt, was mir zu
nahekommt. So viele Verletzungen sind passiert, nun muss ich mich vor
Weiteren schützen. Ich kann keinem Menschen mehr trauen, denn niemand
war für mich da. Im Gegenteil: Alle haben über mich hergezogen und gelästert.
Ich stehe ganz am Rande.

Kann hier etwas wachsen?

Gutes Land. Fruchtbare Weite mit reichem Boden oder eine kleine Ecke im
Garten, wo immer die Sonne hinfällt.

Freude, wenn mir jemand etwas schenkt, für mich da ist. Freundliche Blicke, die
ich wahrnehme, stärkende Worte. Zuspruch erfahren und anderen Mut
machen. Etwas entgegennehmen und weitergeben. Wir Menschen sind nicht
zum Alleinsein geschaffen. Berührung und tröstende Worte. Lachen und
Leichtigkeit. Gemeinschaft und Fröhlichkeit. Das Leben mit allen seinen
Zumutungen als Geschenk empfinden.

Hier wächst etwas.

Das Gleichnis, das Jesus uns erzählt, enthält eine ungeheuer starke Botschaft.

Gottes Liebe, die wird weit ausgestreut und sie erreicht Ecken, die uns
unerreichbar erscheinen.

Eine Geschichte wie in Zeitlupe: Ohne Begrenzung, ohne Maß wird der Samen
ausgeworfen. Großzügig. Weit ausholend. Verschwenderisch.

Diese Geschichte hat viele Facetten. Vertrauen steckt auch drin.

Alle Eltern können hier mitreden. Du gibst dir Mühe, du versuchst , deinen
Kindern zu vermitteln, was dir am Herzen liegt, was du ihnen unbedingt
weitergeben möchtest. Aber ob es sie erreicht, liegt nicht in deiner Hand. Du
musst auf die Kraft deiner Worte vertrauen.

Wunder geschehen manchmal auch. Wenn jemand sich ganz anders entwickelt
als gedacht. Da ist doch noch eine gute Saat aufgegangen, denken wir dann.
Ein Sämann ging aus um zu säen. So ist Gott: Großzügig und verschwenderisch
mit seiner Liebe. Sein Wort will tief in uns wurzeln, wachsen und Frucht
bringen. Auch in verhärtetem Boden, unter Dornen und zwischen harten
Steinfugen.

Hundertfach soll es Frucht bringen, um ein Vielfältiges groß werden.

In den Himmel wachsen. Überwältigend und weit ausbreitet sein. Amen

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